Erst einmal vorne weg, für alle denen die Abkürzung „dib“ kein Begriff ist: dib steht für deutscher Ingenieurinnenbund e.V. Dies ist ein Verbund aus Frauen, welche sich seit 30 Jahren für Frauen in technischen Berufen einsetzen. Bundesweit besteht das Netzwerk aus 22 Regionalgruppen, welche sich gegenseitig persönlich unterstützen sowie in national und internationalen in Lobbys und Gremien zusammenarbeiten.
Das erste Mal, das ich mit dem DIB persönlich in Kontakt kam war im Jahre 2021, da dort eine drei-tägige Tagung (12. – 14.11.2021) des Deutschen Ingenieurinnenbundes zu dem Thema „Jahrestagung Stadt Klima Wandel“ in Berlin stattfand. Selber war ich lediglich am Samstag, dem 13. November vor Ort, die Tagung selber geht jedoch jedes Jahr von Freitag bis Samstag. Folglich kann ich auch nur von meinem kleinen Ausschnitt des Events berichten, welches für den Samstag 50 Euro kostete.
Auf Grund der Anreise aus Dresden sowie der Vorbereitungslogistik, ging es früh am Morgen gegen 6.00 Uhr los. Vor Ort bauten wir unseren Stand, mit welchem wir unser Projekt „Vision 2028“ in den Pausen zwischen den Vorträgen vorstellen wollten, auf. Neben dem Mittag- und Abendessen fanden viele einzelne, parallel zueinander laufende Programmpunkte statt, sodass ich mich im Vorherein für einige Vorträge entscheiden musste, auf welche ich im Nachfolgenden näher eingehen möchte.
Nach der Begrüßung durch Frau Dr. Anna Christmann startete der erste, allein laufende Vortrag zum Thema „Projekt Tegel Berlin TXL: eine zukunftsweisende Stadtquartiersplanung – Infrastrukturen und Planungsprozesse“, welcher mich sehr faszinierte. Die Architektin Frau Gudrun Sack stellte das städtebauliche Konzept des Tegel Projektes sowie die damit verbundene innovative, bauliche Umsetzung vor. So soll das „Schumacher Quartier“ die größte Holzbausiedlung Europas und einen großen Schritt im Bereich des nachhaltigen Bauens werden. Ein ebenso innovativer Schritt ist die konzeptuelle Umsetzung der „Schwammstadt“, welche beim Bau die Aspekte des Animal Aided Design oder des Low-Energie-Netzes berücksichtigt und somit als eine neue Art der Quartiermobilität fungieren können soll.
Der nächste Vortrag thematisierte den städtebaulichen Wandel „Wandel erfahren – Wandel gestalten: StadtManufaktur Berlin“ und wurde von der Landschaftsarchitektin Anja Steglich vorgestellt. StadtManufaktur ist dabei Ansprechpartner für die zukunftweisenden Ansätze in den Bereichen der Klimaanpassung, Förderung des sozialen Miteinanders oder Etablierung nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Der Vortrag beleuchtete dabei die Forschung und Reallaborarbeit in Berlin am Beispiel einer blau-grünen Infrastrukturentwicklung. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist die Roof Water-Farm.
Als nächstes stand eine aktive Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft der Mobilität in der Großstadt“ an, wofür vier Frauen aus verschiedenen Bereichen auf die Bühne kamen. Nach einer Vorstellung von sich selber sowie ihrer Sichtweisen und Fachbereiche, wurde jeweils eine Frage gestellt und nach Beantwortung dieser konnten die restlichen Frauen ebenfalls ihren Input einbringen, was zu neuen Denkansätzen führte. Die Frauen waren
- Martina Groeschel – die Managerin bei „Share Now“: einer stationsunabhängigen Carsharing Firma
- Alexandra Meyer – die ehrenamtliche Vertreterin der Changing Cities e.V.: dem Netzwerk der Fahrradfreundlichen Mitte Berlin
- Barbara Nilkens – die Bauingenieurin und Inhaberin des Nilkens Ingenieurbüros für Baukommunikation
- Evely Gollasch – Programmleiterin des Projektes i2030 der DB Netz AG
Im Großen und Ganzen wurde die Dominanz des PKWs, trotz des steigenden Wandels zu einem öffentlichen und/ oder sportlichen Verkehr, thematisiert. Damit einhergehend wurden die alternativen Lösungsansätze für integrierte Mobilitätskonzepte von Infrastruktur besprochen und die Anreizsysteme sowie die Integration von Bürgern beleuchtet. Es wurde versucht, das Thema in anderthalb Stunden zupacken, was aber kaum möglich war. So traf es sich gut, dass als nächster Programmpunkt das Mittagessen anstand und wir uns weiter angeregt über das Thema unterhalten konnten.
Nach dem Mittagessen wurde das Gebäude gewechselt, da alle nachfolgenden Vorträge „kleiner“ geplant waren, was bedeutet, dass mehrere Programme parallel zueinander liefen und es einen Pausenraum gab. Dort bauten wir unseren Stand erneut auf und sprachen uns insoweit ab, dass immer einer bei dem Stand war, um Nachfragen zu beantworten – und diese kamen von vielen Interessenten.
Während ich mir den Vortrag zu „Vertical Green Design“ anhörte, besuchte meine Projektkoordinatorin die Diskussion zu „Eco City – International Campus Wünsdorf: Bauhaus des 21. Jahrhunderts“. Im groben Sinne das gleiche Oberthema, dennoch sehr andere Ansätze und folglich Denkanstöße. Unter einem „vertical green design“ wird eine wandgebundene Fassadenbegrünung mit einer Pflanzendichte von 49 Pflanzen pro Quadratmeter verstanden. Dies ist ein guter Ansatzpunkt um die negativen Folgen des Klimawandels mit Hilfe der positiven Wirkungen der z. B. Schallabsorption, Regenwasserretention, Dämmung oder Kohlenstoffdioxidspeicherung der Fassadenbegrünung abzuschwächen. Aber auch die Problematik der Installations- und Folgekosten wurde erläutert. Es wurde deutlich, dass dies eine solide Möglichkeit ist, aber nicht die nonplus-ultra Lösung und bei der Bekämpfung des Klimawandels die Zusammenhänge zwischen allen beeinflussenden Faktoren beachtet werden muss. Deshalb ist die Projektstudie „Eco City – International Campus Wünsdorf“ ein ebenso wichtiger Baustein in der Gesamtheitsbetrachtung. Bei dem Projekt handelt es sich um eine einhundert Hektar große Konversionsfläche, für welche das Konzept einer ökologischen Modell-, Ausbildungs- und Laborstadt entwickelt wurde. Dieses Konzept soll bei der Erprobung systematischer, interdisziplinär sozialer und ökonomisch machbarer Lösungen für eine klimagerechte und nachhaltige Umwandlung der Stadt- und Siedlungsstrukturen angewendet werden.
Als vorletzter Programmpunkt waren Vorträge zu dem Thema Nachhaltigkeit vorgesehen. Zum Einem gab es die „Circular City – die Kreislaufwirtschaft der nächsten Generation in Berlin“ und zum anderen die „Chancen und Risiken von 100 % Erneuerbaren Energien im Stromnetz“. Bezüglich der Circular City teilte Christine Henseling ihr Wissen zu den vielfältigen Aspekten der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft. Diese beinhalten neben Initiativen zur Wiederverwendung von Produkten auch die Nutzung der Produkte anstelle des Besitzens sowie die Ansätze, gebrauchte Materialien zu sammeln und wieder dem Markt zuzuführen. Die „Chancen und Risiken“ wurden mir von der Leiterin Julia Herter des Fachgebiets „Analysen & Performance“ von 50Hertz erläutert. Nach einem fünfminütigen Vortrag ihrerseits wurde aktiv überlegt, was die Risiken und Chancen bei dem Wechsel von konventionellen Kraftwerken und eine Entwicklung hin zu grünen, nachhaltigen Stromsystemen sind.
Als letzter, halbstündiger Programmpunkt gab es verschiedene AGs zu besuchen. Unser Projektteam hatte sich dabei für „AG junge dibsen“ und „AG Frauen in der Wirtschaft“ entschieden. Bevor es allerdings losging, nahmen wir noch ein gemeinsames Foto auf und kamen mit weiteren Frauen bezüglich unseres Projektes ins Gespräch. Vielen fanden das Projekt mit seinem Ziel, Frauen im Bauingenieurwesen sichtbarer zu machen, zu zeigen, dass – entgegen vieler Vermutungen – viele Frauen mit großen Erfolg bereits im Bausektor arbeiten, sehr spannend und motivierend. Diese gegenseitige Unterstützung war auch in der „AG junge dibsen“ zu merken, wo sich jeder, der unter 35 Jahre alt war, einmal vorstellte und es sich über mögliche Hürden in dessen Leben und die Erfolge, die derjenige erlangt hat, unterhalten wurde. So lernte sich jeder persönlich kennen, es fand ein Austausch zu beruflichen und privaten Themen statt. Zum Schluss wurden gemeinsame Aktionen für die Zukunft geplant, sowie die Aktivitäten bis zum nächsten dib-Treffen. Die „AG Frauen in der Wirtschaft“ legte ihren Fokus auf den Anteil der Frauen in technischen Berufen. In dem Workshop wurden und werden Aktionen geplant, mit denen Frauen bessere Aufstiegschancen haben sollen und so weniger übergangen werden. In deutschen Großunternehmen wird von einem weiblichen Anteil von 20 % gesprochen, dies bezieht sich jedoch nur seitens auf Führungsebenen. Auch wenn viele Unternehmen von einer Erhöhung der Frauen in Führungsebenen sprechen, bezieht das neben technisch tätigen Frauen auch Betriebswirtinnen, Juristinnen, etc. ein. Generell ist eine Erhöhung der Frauen, besser eine Beachtung der Frauen gut, da niemand auf Grund seines Geschlechtes anders behandelt werden soll, aber wenn häufig nur die Frauen in Berufszweigen, die ohnehin einen höheren weiblichen Anteil haben, befördert, kann das für Frauen in technischen Berufen demotivierend sein. Dem möchte diese Arbeitsgruppe entgegenwirken.
Unser Projektteam versammelte sich noch einmal im Pausenraum, bevor es zum Abendessen und damit auf den Weg nach Hause ging.
Mein Fazit ist, dass sich nicht zu sehr nur auf die Nachteile des technischen Sektors für Frauen konzentriert werden sollte, da Frauen dort schon viel erreicht haben, denkt man nur einmal an den Stand von heute im Vergleich vor 80-100 Jahren. Dennoch schafft es der dib, einen zu motivieren, neue Denkanstöße mitzunehmen und sich sehr zu freuen, dass man sich entschieden hat, in diesem Bereich tätig zu werden!